Warum wir uns von der KlimaneutralitÀt verabschieden
âKlimaneutralâ,  âklimapositivâ, âCO2-negativââ immer hĂ€ufiger findest du diese Begriffe auf Produkten, in Nachhaltigkeitsberichten und auf Websites. Ja, sogar bei uns waren sie schon zu finden. Auch wenn wir all die Anstrengungen zur drastischen Reduktion von Kohlenstoffemissionen gutheiĂen, wollen wir uns zukĂŒnftig von diesen Begriffen distanzieren. Wir haben uns immer wieder damit auseinandergesetzt, wie und mit welchen Begrifflichkeiten wir unser Nachhaltigkeitsbestreben nach auĂen kommunizieren wollen und sind letztendlich zu einem Entschluss gekommen: Wir mĂŒssen und wollen ĂŒber die Bedeutung von schwammingen Begrifflichkeiten aufklĂ€ren und Licht ins Dunkel gegen Greenwashing bringen.
Inhalt
Klimaneutral und klimapositiv â was bedeutet das ĂŒberhaupt?
Der Begriff âklimaneutralâ wird hĂ€ufig von und fĂŒr Unternehmen, Prozesse und Produkte verwendet, deren Treibhausgasemissionen zuerst berechnet und im Anschluss durch UnterstĂŒtzung international anerkannter Klimaschutzprojekte ausgeglichen wurden. Eine weitere Bezeichnung fĂŒr KlimaneutralitĂ€t ist âNetto-Null-CO2-Emissionâ. Ăbersetzt bedeutet das, dass unterm Strich kein CO2 in die Luft gelangt. FĂŒr die meisten Menschen, die nicht gerade tĂ€glich mit der Klimaterminologie arbeiten, wĂ€re eine logische Schlussfolgerung: Ein klimaneutrales Unternehmen hinterlĂ€sst ĂŒberhaupt keinen Kohlenstoff-FuĂabdruck. Aber das ist so nicht ganz richtig.
Noch mehr Interpretationsspielraum lĂ€sst der Begriff âklimapositivâ, da bisher keine einheitliche Definition fĂŒr diesen Begriff existiert. Entsprechend unklar sind auch das VerstĂ€ndnis und die Wahrnehmung dieser Bezeichnung. Die einen bezeichnen ihr Unternehmen oder ihre Produkte als klimapositiv, sobald sie âdeutlich mehrâ CO2 ausgleichen, als in ihrer Wertschöpfungskette entsteht. Andere wiederum bezeichnen sich oder ihre Produkte erst dann als klimapositiv, wenn sie â unabhĂ€ngig von Zertifikaten und Klimaschutzprojekten â mehr CO2 binden als emittieren. Ins Spiel kommen in diesem Fall vor allem die klimaneutrale Produktion, das Umstellen diverser Produktionsprozesse sowie eigene Unternehmensinitiativen, von denen auch andere profitieren.

Die Begriffsproblematik
Produkte als âklimaneutralâ zu deklarieren, ist gesetzlich nicht geschĂŒtzt. Sprich die alleinige Verwendung des Begriffs bedeutet nicht, dass das Unternehmen keine CO2-Emissionen hat. Es signalisiert lediglich, dass das Unternehmen fĂŒr das entsprechende Produkt Ausgleichszahlungen tĂ€tigt. Unter welchen Bedingungen das erfolgt, ist jedoch weder normiert noch vorgeschrieben â es kann sowohl der ganze Produkt-Lebensweg als auch nur der Herstellungsprozess im Unternehmen berĂŒcksichtigt worden sein. Zudem erlaubt der Begriff keine Aussage darĂŒber, ob sich das Unternehmen um eine Reduktion anderer Umweltbelastungen bemĂŒht oder ob das Produkt selbst umweltfreundlich ist.
Durch Aussagen wie â100 % klimaneutrale Produktionâ oder âklimaneutrales Produktâ wird nach Auffassung der Wettbewerbszentrale nach auĂen hin der Eindruck erweckt, dass die KlimaneutralitĂ€t durch MaĂnahmen zur Emissionsvermeidung vollstĂ€ndig erreicht wird. Auch die Formulierung ânicht vermeidbare Emissionenâ lĂ€sst leider viel zu viel Interpretationsspielraum. Denn was als ânicht vermeidbarâ gilt, hĂ€ngt von der Ausgangssituation, den bereits umgesetzten MaĂnahmen sowie den kurz-, mittel- und langfristig bestehenden Reduktionspotenzialen ab.
Auch der Begriff âklimapositivâ ist meist irrefĂŒhrend, denn eine Ăberkompensation kann nicht einfach mit KlimapositivitĂ€t gleichgesetzt werden. Denn wie viel mehr CO2 fĂŒr eine garantierte Deklaration einspart als verbraucht werden muss, ist bis heute nicht einheitlich definiert.Â
Das Problem mit der Kompensation
Viele Kritiker:innen bezeichnen die Klimakompensation geringschĂ€tzig als Ablasshandel. WĂ€hrend einige Kompensationsanbietende eine Tonne CO2 fĂŒr gerade einmal 10 ⏠anbieten, kommt das Umweltbundesamt â unter BerĂŒcksichtigung aller Schadenskosten â auf einen Wert von mind. 180 ⏠pro Tonne. Einige Kompensationsprojekte sind inzwischen leider so gĂŒnstig, dass Unternehmen sich gar nicht erst die MĂŒhe machen, in Emissionsvermeidung und -verringerung zu investieren oder ihre Produkte zu verbessern.Â
Aber warum hebt das Positive (die ĂŒberkompensierten Emissionen) das Negative (die entstandenen Emissionen) nicht einfach auf?Â
DafĂŒr gibt es vier HauptgrĂŒnde:
1. Es ist sehr schwer zu sagen, wie groĂ die Wirkung eines Projektes wirklich ist. In vielen FĂ€llen muss man die Wirksamkeit selbst infrage stellen, in anderen FĂ€llen wird das Ergebnis erst nach sehr langer Zeit ersichtlich. Gepflanzte BĂ€ume absorbieren und speichern beispielsweise Kohlenstoff â aber nur so lange sie nicht gefĂ€llt werden.
2. Es besteht immer die Gefahr einer DoppelzĂ€hlung. Das bedeutet, dass sich mehrere Parteien (Staaten oder Unternehmen) dieselben Emissionsreduzierungen oder den Abbau von Treibhausgasen anrechnen lassen.Â
3. Viele Projekte wurden nicht extra veranlasst, sondern wĂ€ren ohnehin durchgefĂŒhrt worden â auch ohne den Beitrag zum Kohlenstoffausgleich. Die ausdrĂŒckliche Voraussetzung fĂŒr ein Ausgleichsprojekt ist aber, dass es zusĂ€tzlich durchgefĂŒhrt wird.
4. Manche Projekte reduzieren Treibhausgasemissionen, lassen sie aber in einem anderen Gebiet sogar ansteigen. Werden BĂ€ume auf FlĂ€chen gepflanzt, die bisher von der lokalen Bevölkerung als Futtermittel oder fĂŒr die Landwirtschaft genutzt wurden, bleibt den Landwirt:innen meist keine andere Wahl, als die Vegetation an einem neuen Standort zu roden.
Wie lösen wir dieses Problem?
Auch wir können CO2-Emissionen und Umweltwirkungen als Folgen der Produktherstellung nicht einfach ungeschehen machen. Wenn âklimaneutralâ bedeutet, dass wir lediglich eine Summe X in ein Klimaprojekt investieren mĂŒssen, um unsere CO2-Emissionen auszugleichen, dann ist das Konzept der KlimaneutralitĂ€t ehrlich gesagt nicht so unser Ding.Â
Wir sind uns aber sicher, dass wir mit wirklich nachhaltigen und ökologischen Lösungen, die ĂŒber eine bloĂe CO2-Kompensation hinausgehen, den letzten Baustein eines holistischen und wirtschaftlicherfolgreichen Nachhaltigkeitskonzepts setzen. Wir wollen uns als Unternehmen deshalb nicht nur den eigenen Auswirkungen bewusst werden und klimaschĂ€dliches Verhalten ehrlich aufzeigen.Â
Stattdessen wollen wir einen stĂ€rkeren Fokus auf Umweltwirkungen innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette legen â und dazu gehört auch das nachhaltige Gestalten unserer Produkte. Vegane Rezepturen, fairer Kakao aus Agroforstwirtschaft, der Verzicht auf Palmöl â all das trĂ€gt ganzheitlich zu umweltfreundlichen Produkten an.
Der ehrlichste und effektivste Weg, die Klimakrise zu stoppen, besteht unserer Meinung nach daher aus folgenden drei Schritten:
1. Wir werden zukĂŒnftig den genauen UmweltfuĂabdruck all unserer Produkte und TĂ€tigkeiten bilanzieren und transparent aufzeigen, wie genau unsere Berechnungen zustande kommen. So ist fĂŒr unsere Konsument:innen jederzeit erkennbar, welcher Betrag bilanziert, reduziert und kompensiert wurde. Als umweltfreundliches Unternehmen ist das ganz klar unsere Verantwortung.
2. Wir setzen fortlaufend alles daran, vermeidbare Emissionen entlang der gesamten eigenen Produktionskette und des Unternehmens so gering wie möglich zu halten. Das umfasst MaĂnahmen wie z.B. Zertifizierungen fĂŒr unseren Kakao, die StĂ€rkung der Kakao-Kooperativen in Peru, mehr Forschung zu noch nachhaltigeren Verpackungsalternativen, RezepturĂ€nderungen, die Verwendung noch nachhaltiger Rohstoffen, usw.
3. Wir investieren in anerkannte und nachweislich zielfĂŒhrende Umweltprojekte, von denen wir ĂŒberzeugt sind, dass sie zum Kampf gegen die Umweltkrise beitragen können.
Wie es fĂŒr uns weitergeht
Was das fĂŒr unsere zukĂŒnftige Kommunikation nach auĂen bedeutet? Maximale Transparenz ĂŒber unsere Umweltwirkungen und Kompensationsberechnungen! Wir wollen fĂŒr jede:n transparent und ehrlich ersichtlich darstellen, welche positiven und negativen Auswirkungen jede Person durch den Konsum von nucao auf die Umwelt hat. Wir bringen Licht in die Bedeutung von schwammigen Klima-Begrifflichkeiten und können dazu beitragen, dass sich niemand mehr von âgrĂŒngewaschenenâ Verpackungen und Produkt-Claims in die Irre fĂŒhren lĂ€sst.
Wir werden unsere Produkte zukĂŒnftig als âumweltfreundlichâ bzw. âklimafreundlichâ bezeichnen, um weiterhin aufzeigen, dass unsere Produkte nachhaltig gut fĂŒr die Umwelt sind. Sie haben nĂ€mlich nicht nur enorm geringe Negativ-EinflĂŒsse auf die Umwelt, sondern die Summe unserer wirtschaftlichen TĂ€tigkeit trĂ€gt insgesamt zu einem positiven Impact auf unseren Planeten bei. DafĂŒr haben wir unsere Umweltauswirkungen bereits gemessen, um sie fortlaufend zu reduzieren und anschlieĂend ausgleichen und sogar ĂŒbertreffen zu können.
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Quellen:
(1) https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/hohe-kosten-durch-unterlassenen-umweltschutz
(2) https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/mobilitaet/kompensation-von-treibhausgasemissionen#gewusst-wie
(3) https://www.handelsblatt.com/technik/thespark/greenwashing-mit-klimaneutralitaet-darf-nicht-jeder-werben-abmahnung-fuer-mehrere-unternehmen/27205264.html?ticket=ST-1290683-PruKC0Jq7heBcbZOPK0O-cas01.example.org
(4) https://www.heise.de/hintergrund/Greenwashing-Wie-sich-die-Wirtschaft-klimaneutral-rechnet-6236244.html